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Begegnung mit der Wildkatze

Es dämmerte bereits, als ich meinen Wagen die kurvige Landstraße hinauf lenkte. Bevor die Baumkronen sich teilten, um den Blick über die Höhen und Tiefen der Eifel zu öffnen, trat ich unmittelbar auf die Bremse. Vor mir waren Tiere auf der Straße.

Mein Herz schlug unwillkürlich schneller und mir rutschte ein entzückt-erstaunter Ausruf, als ich sah, dass eine Wildkatze mitsamt ihrem tapsigen Nachwuchs eilig die Straße passierte. Das letzte, was ich sah, waren die geringelten Schwänze der hoppelnden Katzenkinder, bevor sie im Gebüsch verschwanden.

Eine Wildkatze in freier Wildbahn zu sehen ist an sich schon eine Seltenheit. Zwar hat die Wildkatze viele Gebiete bereits wiederbesiedeln können, doch die letzten großen Vorkommen der Wildkatze beschränken sich auf die westlichen Gebiete Deutschlands, sowie auf Nordostfrankreich, Luxemburg und Südost-Belgien.

In ganz Deutschland geht man von einem Bestand von rund 6000-8000 Wildkatzen aus. Ganz konkrete Zahlen lieferte im Sommer 2024 der Nationalpark Eifel: hier wurden 121 Wildkatzen anhand von Fotofallen und genetischen Analysen nachgewiesen.

Nun habe ich das Glück, in der Eifel zu leben, die zumindest an manchen Stellen noch eine Ahnung von ursprünglicher Wildheit aufkommen lässt. Eine Wildkatze zu Gesicht zu bekommen ist hier also deutlich wahrscheinlicher als in anderen Gegenden. Doch die getigerte Samtpfote lebt ausgesprochen scheu und zurückgezogen und ist anders als Fuchs und Marder kein Kulturfolger. Sie meidet die Nähe des Menschen. Dass ich an jenem Abend sogar die Kätzchen beobachten konnte, war wie der berühmte Sechser im Lotto.

Die Reviergröße der Wildkatzen variiert zwischen zwei bis neun Quadratkilometern, wobei hier die Kater meist ein deutlich größeres Streifgebiet haben als die Katzen. Weibliche Wildkatzen bringen zwei bis vier Junge auf die Welt, die bereits nach sechs bis acht Monaten selbstständig werden und ein eigenes Revier suchen. Die im Frühjahr geborenen Wildkatzen-Kinder, die ich beobachtet habe, werden also noch diesen Herbst auf eigene Wege gehen. Ich hoffe sehr für sie, dass sie unbeschadet neue Territorien erobern werden.

Ich parkte meinen Wagen an der nächstmöglichen Stelle und ging zu Fuß zurück zur Stelle, wo die kleine Familie die Straße überquert hatte. Zu meinem unglaublichen Glück, waren die Katzen noch nicht direkt verschwunden und ich konnte ein paar Aufnahmen im Dämmerlicht machen. Zwei der Kätzchen kletterten verspielt auf eine Hainbuche und präsentierten mir dabei nicht nur deutlich ihren geringelten Schwanz mit der schwarzen Schwanzspitze, sondern auch für ihre Art so typischen, dunklen Aalstrich auf dem Rücken. Kurze Zeit später waren die Rabauken im Unterholz verschwunden, aber ich konnte sie noch eine Weile später aus der Entfernung maunzen hören.

Wildkatzen sind und bleiben unzähmbar, selbst wenn sie mit der Hand aufgezogen werden. Sie sind wahre Wildtiere und ihr Bestehen sollte uns alle herausfordern: Wir benötigen mehr Naturflächen, mehr Wildnis, mehr Platz für Ungesehenes und Unentdecktes. Nicht nur – aber auch und gerade wegen der Wildkatze.

Text: Maura Beusch

Quellen:

https://www.nationalpark-eifel.de/de/infothek/pressemitteilungen/details/Jetzt-ist-es-Fakt-Mehr-als-120-Wildkatzen-leben-im-Nationalpark-Eifel-3452s

https://www.bund-naturschutz.de/tiere-in-bayern/wildkatze/verbreitung

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